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Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und UK und seine Folgen auf die Limited in Deutschland

Die Nicht-Diskriminierungsklausel

Die EU und Großbritanien haben sich auf ein Freihandelsabkommen geeinigt.

Für die Limited in Deutschland besonders relevant dürfte die im Freihandelsabkommen enthaltene Nicht-Diskriminierungsklausel (Inländerbehandlung) sein. Diese findet sich in der deutschen Version des Abkommens auf Seite 101 und hat folgenden Inhalt:

Artikel SERVIN.2.3: Inländerbehandlung 

1. Jede Vertragspartei gewährt Investoren der anderen Vertragspartei und erfassten Unternehmen eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die Behandlung, die sie ihren eigenen Investoren und deren Unternehmen in vergleichbaren Situationen in Bezug auf die Niederlassung und Anwendung in ihrem Gebiet gewährt

2. Die von einer Vertragspartei nach Absatz 1 gewährte Behandlung bedeutet 

(a) in Bezug auf eine regionale oder lokale Regierungsebene des Vereinigten Königreichs eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die günstigste Behandlung, die diese Regierungsebene in ähnlichen Situationen Investoren des Vereinigten Königreichs und ihren Unternehmen in seinem Gebiet gewährt und 

(b) in Bezug auf eine Regierung eines Mitgliedstaates oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die günstigste Behandlung, die diese Regierung in ähnlichen Situationen Investoren dieses Mitgliedstaates und ihren Unternehmen in seinem Gebiet gewährt.

 

Im Ergebnis sind geschütze englische Unternehmen in Deutschland nicht schlechter zu behandeln als deutsche Unternehmen in Deutschland.

Voraussetzung ist jedoch, dass sie vom Schutz der Klausel umfasst sind.

Erfasst werden zunächst Unternehmen, die bereits gegründet sind oder noch gegründet werden.

Ein Unternehmen ist (vgl. Seite 98 deutsche Version): 

- eine juristische Person

oder

- eine Zweigniederlassung

oder

- Repräsentanz einer juristischen Person

 

Juristische Person

Umfasste juristische Personen sind zum Beispiel die 

- englische Limited

- PLC

- LLP

- Limited by Guarantee,

wenn diese englischen Gesellschaften im Gebiet des Vereinigten Königreichs materielle Geschäftstätigkeit ausüben. Was materielle Geschäftstätigkeit genau darstellt, wird nicht definiert. Unterstellt man, dies bedeute Umsatzgeschäfte im Rahmen des ausgebübten Geschäftsbetriebes, dürfte dies für viele englische Limiteds mit Hauptverwaltung bzw. Hauptniederlassung in Deutschland nicht zutreffen.

Repräsentanz einer jurischen Person

Repräsentanzen sind unselbstständige Niederlassungen, also eine Einrichtung eines Unternehmens ohne eigene Entscheidungskompetenz und in der Regel nicht mit eigener Buchhaltung oder eigenen finanziellen Mitteln ausgestattet. Folglich richtig heißt es im Vertragstext deshalb: "Repräsentanz einer juristischen Person". Geschützt sind deshalb Repräsentanzen nur dann, wenn die Limited materielle Tätigkeit in UK ausübt. Dies macht auch Sinn, denn sonst wären engl. Limiteds, die zwar in UK gegründet wurden, ihre materielle Tätigkeit jedoch in Drittstaaten (z.Bsp. in Indien) ausüben, mit unselbstständigen Einrichtungen in Deutschland geschützt. Die überwiegende Anzahl der engl. Limiteds in Deutschland fällt nicht unter den Begriff der Repräsentanz, da hier in der Regel selbstständige Niederlassungen errichtet wurden.

Niederlassungen

Zunächst fällt auf, dass es sich dem Wortlaut nach nicht um die "Niederlassungen einer juristischen Person" handeln muss. Nicht gefordert sein dürfte damit eine materielle Geschäftstätigkeit in UK. Dies erscheint auch konsequent, denn eine Niederlassung in Deutschland hat notwendigerweise eigene Leitung, Kompetenz und Infrastruktur in Deutschland und nicht in UK. Umfasste Zweigniederlassungen sind ferner mit dem Ziel errichtet, dauerhafte Wirtschaftsbeziehungen zu schaffen oder aufrechtzuhalten.  

Ergebnis 

Englische Limiteds mit Haupt-Verwaltung bzw. Haupt-Niederlassung in Deutschland sind ggf. über den Begriff der Niederlassung erfasst, wenn diese Niederlassung mit dem Ziel, dauerhafte Wirtschaftsbeziehungen zu schaffen oder aufrechtzuerhalten, betrieben wird. Darüber hinaus werden Limiteds geschützt, die auch materielle Geschäftstätigkeit in UK haben.

Fazit: Der vom Freihandelsabkommen gewährte Schutz englischer Limiteds in Deutschland dürfte für die meisten Unternehmen derzeit praktisch eher gering sein. Die entsprechenden Regelungen sind wenig greifbar und schwammig formuliert. Anderseits kann gerade in dieser unklaren Regelung auch eine gewisse Chance für Auslegungung und Interpretation liegen. Eine sinnvolle und umfassende Verteidigungsstrategie sollte unser Meinung nach deshalb neben der Argumentation mit der Fernwirkung der Niederlassungsfreiheit in Artikel 54 AEUV derzeit auch die Argumente des Schutzes von Niederlassungen durch das Freihandelsabkommen enthalten.

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